Nicht alle Goldmacher sind Betrüger

Dieser Tage hat man einen sogenannten Goldmacher, welcher seine Kunst zum Verderben so vieler hiesiger Particuliers verschiedene Jahre her getrieben, in Verhaft genommen. *

* Nicht alle Goldmacher sind Betrüger, aber von der allergrößten Thorheit wird man keinen von ihnen frey sprechen. Denn sie suchen dort das Gold, wo die Natur keines hingelegt hat, und sie verlangen etwas zu Stande zu bringen, was sie gar nicht verstehen. Es ist eine alte Anmerkung, daß nur Leute, die in der Naturgeschichte, und in der Chymie unerfahren sind, Gold machen wollen; und es ist eben so bekannt, daß zu dieser Kunst, wenn sie anderst nur möglich, ich will nicht sagen, wahrscheinlich, oder wirklich seyn soll, die allergrößte Wissenschaft in den inneren Bestandtheilen der Metalle, in den Kräften des Feuers, und andere Dinge nothwendig erfordert werde. Je mehr einer von dieser Wissenschaft besitzt, desto abgeneigter ist er zu dieser Arbeit, und je weniger er davon versteht, desto fertiger und begieriger ist er, sein und anderer Vermögen durch den Rauch zu verjagen. Ja, es sind größtentheils äußerst verzweifelte Leute, die außer einem Wunder kein anderes Mittel sehen, sich zu helfen! Daher kann man mit allem Fug jene Afterchymie, die unmittelbar auf das Goldmachen abzielt beschreiben, daß sie seye

Ars fine arte, cuius principium mentiri, medium laborare & finis mendicare.

Alleine

Quo non mortalia pectora cogis, Auri sacra fames?

(Wienerisches Diarium, Sonnabend den 29. Märzen 1766, Seite 2)

Ein Sechzehnjähriger Zugsführer – Zweifach dekoriert

(Mit einer photographischen Aufnahme)

Sechzehnjähriger Zugsführer

Im Purkersdorfer Sanatorium befindet sich gegenwärtig der 16 jährige Zugsführer Franz Nowakovicz, ein Realschüler, der sich freiwillig zum Militärdienste gemeldet hatte und behalten wurde. Er wurde mit der bronzenen und der großen silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Letztere Auszeichnung erhielt er für die Gefangennahme eines italienischen Majors.

(Wiener Bilder vom 26.3.1916, Seite 11)

Voller Erfolg der Rettung auf der Saualpe

Die abenteuerliche Notlandung des Wiener Verkehrsflugzeuges „Ö-Lal“ auf der Saualpe in zweitausend Meter ist, wie nun durch die ersten Berichte der Rettungsexpeditionen bekannt wird, verhältnismäßig glimpflich verlaufen. Alle fünf Flugzeugpassagiere konnten geborgen werden, aber nicht, wie erwartet, von den Rettungsexpeditionen aus Wolfsberg, sondern von einer Rettungsmannschaft, die zur gleichen Zeit von Eberstein am Westabhang der Saualpe aufgestiegen war. Der italienische Passagier und ein Mitglied der Bordmannschaft, der Funker Bittner, mußten auf Tragbahren zu Tal geschafft werden. Die erfolgreiche Rettungsmannschaft traf mit den fünf Passagieren gestern um sechzehn Uhr in Eberstein ein, von wo die Flugzeuginsassen in Rettungsautos nach Klagenfurt transportiert wurden.

Wir veröffentlichen nachstehend einen Bericht des Postenkommandanten von Eberstein, der an der Rettungsexpedition teilgenommen hatte.

Rettung Saualpe

Eberstein, 17. März. Als gestern nachmittag das Gendarmerie-Bezirkskommando in Wolfsberg von der Notlandung des Wiener Verkehrsflugzeuges von Klagenfurter Flughafen verständigt wurde, war gleichzeitig auch der Gendarmerieposten in Eberstein im Görtschritztal bei Klein-Sankt-Paul von dem Unglück in Kenntnis gesetzt worden. Eberstein liegt nämlich am Westabhang des Bergmassivs der Saualpe und die im gestrigen Bericht erwähnte „Wolfsberger Hütte“, in deren Nähe sich das Flugzeug befinden sollte, ist von Eberstein aus rascher zu erreichen. Der Kommandant des hiesigen Gendarmeriepostens, Revierinspektor Franz Wigisser, stellte sofort eine zwanzig Mann starke Rettungsexpedition zusammen, an der er selbst mit zwei Gendarmen und dem Arzt Dr. Lampersberger teilnahm.

Aufstieg der Hilfsexpedition im Schneesturm

Die Expedition brach bald nach 14 Uhr auf und stieg zunächst in kleineren Gruppen, die auch Tragbahren mit sich trugen, zur sogenannten „Steiner-Hütte“, einen auch zur Winterzeit voll bewirtschafteten Alpenhotel, auf. Über den Aufstieg selbst, über die Entdeckung des Flugzeuges und die erst heute morgens erfolgte Bergung der Flugzeuginsassen erzählt Revierinspektor Wigisser folgendes:

„Obwohl der Weg zum Steiner-Haus ein Fahrweg ist, war der Aufstieg wegen des furchtbaren Schneesturmes überaus mühevoll. Wir sind erst gegen 18.30 Uhr im Steiner-Haus eingetroffen. Nun stiegen die einzelnen Gruppen unserer Rettungsexpedition patrouillenmäßig in das Gebiet auf, wo das Flugzeug liegen sollte. Einige Leute, unter ihnen auch der Arzt, blieben im Steiner-Haus zurück, um die Verbindung mit den einzelnen Suchpatrouillen aufrechtzuerhalten.

Planmäßig wurde dann das ganze Gebiet abgesucht, doch die meisten Gruppen mußten wegen des immer stärker werdenden Sturmes die Suche einstellen und zur Steiner-Hütte zurückkehren.

Eine Patrouille entdeckt das Flugzeuges

Während nun die Leute im Alpenhotel neue Rettungspläne besprachen und ungeduldig auf die Rückkehr der anderen Gruppen warteten, in der Hoffnung, daß diese vielleicht doch noch eine Spur des Flugzeuges entdecken konnten, trafen zwei Mitglieder der von Dr. Pressinger geführten Patrouille im Hotel ein, die uns die freudige Nachricht brachten, daß es ihnen gelungen sei, das Flugzeug zu finden und den Insassen Erste Hilfe zu leisten. Sie berichteten nun ausführlich über die Entdeckung des Flugzeuges und teilten auch mit, daß eine Bergung der Insassen im Laufe der Nacht unmöglich sei, da nicht nur diese selbst, sondern auch die Retter in Lebensgefahr geraten würden. Wir erfuhren nun auch, wie es den Flugzeuginsassen geht, weiter, daß Dr. Pressinger mit zwei Mitgliedern seiner Gruppe im Flugzeug zurückgeblieben war und daß man uns am frühen Morgen erwarte.

Ich schickte nun einen meiner Gendarmen nach Eberstein hinunter, um sofort die Nachricht von der Entdeckung des Flugzeuges nach Klagenfurt weiterzugeben. Mit den Gruppen der aus Wolfsberg aufgestiegenen Rettungsmannschaft, die die Nacht in der Wolfsbergerhütte zugebracht hat, sind wir erst heute früh bei der Bergung der Flugzeuginsassen zusammengestoßen. Eine Militärpatrouille aus Wolfsberg war uns dann beim Transport der beiden Verletzten zum Steinerhaus behilflich.

An der Stätte der Notlandung

Heute am frühen Morgen, sofort nach Tagesanbruch, der Schneesturm hatte sich im Laufe der Nacht gelegt, sind wir dann alle zur Unglücksstätte aufgestiegen. Das demolierte Flugzeug lag in einer Mulde des weithin hügeligen Geländes, so daß wir es erst im letzten Augenblick bemerkten. Auch von der Wolfsbergerhütte aus war das Flugzeug nicht zu sehen.

Wir trafen die zurückgebliebenen Retter und die fünf Flugzeuginsassen verhältnismäßig wohlbehalten an. Sie hatten die ganze Nacht in der Kabine zugebracht. Der italienische Fluggast zeigte sich sehr apathisch. Er war am schwersten verletzt. Er dürfte eine Gehirnerschütterung, einen Kieferbruch und eine Kopfverletzung erlitten haben. Der zweite Verletzte war der Bordfunker Bittner, der eine Knieverletzung hatte.

Die beiden wurden nun auf Tragbahren zum Steinerhaus gebracht, wo ihnen Dr. Lampesberger erste Hilfe leistete. Die drei anderen Flugzeuginsassen erhielten von uns mitgebrachte Bergschuhe und stiegen dann mit uns zu Fuß nach Eberstein ab, wo wir schließlich gegen 16 Uhr eintrafen. Auch das gesamte Gepäck nahmen wir mit, während vom Flugzeug keinerlei Bestandteile mitgenommen werden konnten.“

Fünf Menschen eng aneinander geschmiegt

Soweit die Schilderung des Postenkommandanten. Über die Erlebnisse des Doktors Pressinger, der, wie erwähnt, das Flugzeug entdeckt hatte, wird von anderer Seite noch folgendes berichtet: Als sich die Gruppe des Dr. Pressinger dem Flugzeug näherte, sahen und hörten die Leute von den Insassen zunächst nichts. Das Flugzeug war ganz eingeschneit, man sah aber deutlich die Beschädigungen der Tragflächen und der Motoren.

Als sich dann die fünf Retter im Schneesturm an die Kabine, die aber vollkommen intakt geblieben war, heranarbeiten konnten, fanden sie in der Kabine die fünf Personen eng aneinander geschmiegt. Mühsam drangen dann die Retter in die Kabine ein. Die Verunglückten hatten die beiden Verletzten bereits notdürftig verbunden. Alle fünf klagten über die furchtbare Kälte, da sie nur leicht bekleidet waren und die Heizung infolge des Aussetzens der Motoren nicht mehr funktioniert hat.

Die Insassen wurden zunächst mit heißen Getränken gelabt und man bemühte sich auch sonst um sie, so gut es eben ging. An einen Abtransport war natürlich nicht zu denken. Besondere Sorgfalt wurde dem schwerverletzten italienischen Fahrgast zugewendet. Als es heute früh mit der Bergung endlich ernst wurde, atmeten wohl alle fünf Insassen erleichtert auf.

Vom Erfrierungstod gerettet

Der Leiter des Flughafens in Klagenfurt, Kapitän Fedrigoni, der sich ebenfalls im verunglückten Flugzeug auf dem Heimflug von einer Dienstreise nach Wien befand, sagte:

Diese Nacht war furchtbar kalt! Es ist ein Wunder, daß wir nicht alle erfroren sind!“

Die anderen Fluginsassen außer dem erwähnten Italiener Cesare Diomedi, dem Kapitän Fedrigoni und dem Bordfunker Bittner, waren der Wiener Pilot Mandl, ein erprobter Feldpilot, und der Monteur Hölzl. Alle äußerten sich sehr begeistert über das heroische Verhalten des Patrouillenführers Dr. Pressinger, der mit seinen vier Helfern so lange suchte, bis er das Flugzeug gefunden hatte. Sie bezeichneten ihn als ihren Lebensretter; denn hätte er das Flugzeug über Nacht nicht entdeckt, wäre es sicher am Morgen ganz verschneit gewesen und jede weitere Suche wäre ziemlich erfolglos geblieben. Dann wären aber alle fünf Insassen rettungslos dem Erfrierungstod preisgegeben gewesen.

Mit dem Flugzeug gegen die Bergspitze

Aus den späteren Schilderungen des Piloten geht hervor, daß die Maschine nur knapp der Katastrophe entgangen ist. Infolge des furchtbaren Schneesturmes hatte er jede Orientierung verloren. Er war der Meinung, daß sich die Maschine bereits über dem Klagenfurter Becken befindet und wollte nun niedergehen. Das Flugzeug befand sich aber immer noch im Gebiet der Saualpe, und als der Pilot die Maschine senkte, streifte sie bei einer Stundengeschwindigkeit von 250 Kilometer die höchste Spitze der Saualpe.

Die Insassen des Flugzeuges verspürten plötzlich einen heftigen Stoß. Die schwere Maschine neigte sich nach vorn. Splitternd brach das Fahrgestell und im nächsten Augenblick verstummte das Motorengeräusch. Als sich die Insassen vom ersten Schrecken erholt hatten, sahen sie, daß sie in einem demolierten Flugzeug mitten im tief verschneiten Hochgebirge sich befanden. Der Pilot, der bei der Notlandung sehr viel Kühnheit zeigte, hatte noch die Geistesgegenwart, rechtzeitig den Hahn des Benzintankes abzusperren. Zum Glück ist die Funkstation intakt geblieben, so daß der Flughafen in Klagenfurt vom Unglück verständigt werden konnte. Später versagte nämlich auch diese einzige Verbindung mit der Außenwelt.

(Das Kleine Blatt vom 18.3.1936, Seite 8f)

Marie von Ebner-Eschenbachs Bestattung

Ebner-Eschenbach

Das Leichenbegängnis der Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach fand Mittwoch um 3 Uhr nachmittags statt. Nur die allernächsten Angehörigen versammelten sich im Trauerhause Spiegelgasse, Ecke Graben, von wo der Sarg in die Stephanskirche getragen wurde. Die übrigen Teilnehmer fuhren direkt zur Kirche. Außer den zahlreichen Aristokraten, die mit den gräflichen Familien Dubsky und Kinsky in nahen verwandtschaftlichen Beziehungen stehen, folgten dem Sarge auch mehrere Minister und andere Würdenträger Wiens, ferner sämtliche Schülerinnen der Staats-Lehrerinnenbildungsanstalt unter Führung ihres Direktors Kohler, die Uhrmachergenossenschaft mit sämtlichen Schülern der Lehrlingsschule. Eine sehr große Menschenmenge hatte sich in der Spiegelgasse, auf dem Graben und auf dem Stephansplatz versammelt und füllte, soweit sie Zutritt fand, auch die Kirche. Die Einsegnung der Leiche nahm unter großer Assistenz Pfarrer Roßmiller vor. Nach der Einsegnung in der Kirche wurde der Sarg zur Nordbahn geführt und nach Zdislawitz in Mähren gebracht, um in der gräflich Dubskyschen Familiengruft beigesetzt zu werden.

(Die Neue Zeitung vom 16.3.1916, Seite 5)

Unger’s Experiment glänzend gelungen

Mister Murphy, einer der besten Londoner Zuschneider, demonstriert bei Unger den neuen englischen Stil in Herrenkleidern. – Er erklärt die Kombination von englischem Schnitt mit der ausgezeichneten Wiener Näharbeit als das absolut Ideale.

Murphy

Im großen Schneidersaal des Hauses Unger hat der englische Zuschneider G. W. Murphy vor geladenen Gästen den neuesten Londoner Stil demonstriert. Der Prinz of Wales hat ihn eingeführt und er entspricht denn auch ganz dem freundlichen und umgänglichen Wesen dieses Fürsten: es ist der Stil der Bequemlichkeit. Anfangs haben die Londoner Westenschneider diese Bequemlichkeit einfach dadurch erreicht, daß sie den Rücken weit schnitten und zwei Falten unter den Achseln in den Kauf nahmen. Die sind aber alles andere als schön, und so hat man nach einem Schnitt suchen müssen, der ohne diese Falten dem Rücken die erforderliche Weite gibt. Denn nur auf den Rücken kommt es an. Man denke einmal an sich selbst, wie jede Bewegung der Arme nach vorne geht, ob man nun schreibt oder liest, ißt oder trinkt, Golf spielt etc. Nie gehen die Arme nach hinten, immer nur nach vorn. So entstand das Problem: das Sakko muß hinten nachgeben, also weit sein, ohne aber Falten zu schlagen, und dabei muß der Gesamteindruck ein adretter sein, als ob das Sakko am Körper anliege, ohne es jedoch zu tun. Erreicht wird das heute mit einem raffinierten Schnitt der Brust, die herausgearbeitet wird, wodurch für das Auge eine betonte Taillenlinie hervortritt. Aber nur für das Auge, in Wirklichkeit ist das Sakko auch in der Taille bequem.

Dieser Schnitt hat noch einen großen praktischen Vorteil. Es ist klar, daß ein eng anliegendes Sakko bei jeder Bewegung aus der Fasson gezogen wird und sie darum schnell verlieren muß. Bei dem neuen Schnitt geht der Stoff mit, wird nicht angestrengt, und die Fasson hält sich viel länger.

Die Ausführungen des Engländers waren sehr leicht verständlich. Die Gäste waren so interessiert, daß einige Herren selbst die Sakkos anprobierten. Jeder war erstaunt, wie leicht man sich darin bewegt, und daß man dabei doch darin aussieht „wie aus dem Ei gepellt“.

Ein besonderes Lob spendete Mister Murphy der Wiener Näharbeit. Nach seiner Meinung ist die Fertigstellung der Kleider seitens der Nähschneider des Hauses Unger viel besser und solider, als man es in London gewöhnt ist. Dabei kann sich dieser große Fachmann, der für fast alle lebenden Könige und Potentaten gearbeitet hat, sicherlich ein Urteil anmaßen.

(Neue Freie Presse vom 14.3.1931, Seite 3)

Bahnbau Mondsee – Salzburg

Salzkammergutbahn

Aus Mondsee wird dem Ober – Österreichischen Gebirgsboten geschrieben: „Beim Bau der Eisenbahn wird wieder frisch ans Werk gegangen. Es wurde schon mit der Demolirung des „Seewäscherhauses“ begonnen und das Rinnsal des Steinerbaches neu umgelegt. Leider fällt auch ein Theil der kanadensischen Pappeln am Valerie-Wege, der ein beliebter schattiger Spazierweg am Seegestade war, dem Bahnbau zum Opfer. Dafür wird der Promenadenweg unmittelbar am See-Ufer bis zum Schiffmeister Wintermayr geführt, was in der Folge eine herrliche Quai-Anlage wird, die den Esplanaden in Gmunden und Ischl würdig zur Seite stehen kann. In St.-Lorenz, beim Meierhofe und bei der Teufelmühle wird eine Haltestelle erbaut, während in Thalgau schon der Bahnhof fertig steht. Am meisten Arbeit braucht noch die Strecke Eugendorf – Salzburg, weil viele Grundbesitzer sich dem Unternehmen feindlich gegenüberstellen, während die Bau-Unternehmung in den Ortschaften Thalgau und besonders Mondsee das größte Entgegenkommen fand. Doch von Seite des Bezirksgerichtes Salzburg sind nun die Grundentschädigungs-Erkenntnisse hinsichtlich der zu Bahnzwecken erforderlichen Grundflächen auch bezüglich der Katastralgemeinden Itzling und Salzburg erflossen, und nachdem die den Besitzern enteigneten Grundflächen zugesprochenen Entschädigungen von Seite der Bau-Unternehmung gerichtlich deponiert worden sind, erfolgte bereits die politische Besitzeinführung, so daß die sofortige Inangriffnahme des Bahnbaues auch auf dieser letzten Strecke begonnen werden konnte. Die Stecke Salzburg – Mondsee soll demnach gegen 1. Juli dem Verkehre übergeben werden.“

(Salzburger Chronik, 12.3.1891, Seite 3)

Südamerika

Südamerika

Montevideo ist jetzt von zwey Drittheilen seiner Bewohner verlassen, da wegen der häufigen, aus dem Inneren kommenden Streifparteien, welche vorgeblich zu der zahlreichen, von Artigas befehligten Reiterey gehören, und in dessen Namen gewaltsame Forderungen machen, der Besitz und das Eigenthum, vorzüglich der gebornen Spanier, keine Woche gesichert ist. Die meisten wohlhabenden Familien flüchten sich und ihre Habe daher in die entfernten, unwegsamen Gegenden, oder auf die Schiffe im Platastrom.

(Lemberger Zeitung vom 11.3.1816, Seite 144)

Das Protokoll über die Tragödie von Mayerling

Mitteilungen eines Kenners der Habsburger Familienchronik

Wie berichtet wurde, ist dem verheerenden Brand Ellischau
Brande, der das Schloß Ellischau des Grafen Taaffe heimsuchte, auch das in der dortigen Bibliothek verwahrte Protokoll über die Unglücksnacht von Mayerling zum Opfer gefallen. Hiezu erhalten wir von einer Persönlichkeit, die Einblick in die Vorgänge im ehemaligen Kaiserhaus hat, folgende Mitteilungen:

Über die näheren Umstände, unter denen das Protokoll über das unheilvolle Ende des Kronprinzen Rudolf in die Obhut des Grafen Taaffe gelangt ist, wird eine authentische Darlegung wohl schwer zu erlangen sein. Man weiß, daß Graf Taaffe dem intimen Freundeskreis Franz Josefs angehört hatte und bis zu seinem Sturze das unbegrenzte Vertrauen des Monarchen genoß. Es ist daher möglich, daß Kaiser Franz Josef das wichtige diskrete Dokument in den Händen des Grafen Taaffe in sicherster Verwahrung zu sehen glaubte und es ihm aus spontanem Entschlusse zur Aufbewahrung überwies. Tatsache ist, daß das Dokument in dem ehemaligen Hofarchiv nicht vorhanden war, wie sich mehrere Persönlichkeiten, die nach diesem Protokolle forschten, überzeugen konnten. Ob es überhaupt jemals in dem Hofarchiv hinterlegt wurde, kann mit Sicherheit, obwohlvon dem Protokolle aller Wahrscheinlichkeit nach mehrere Exemplare existierten, nicht angegeben werden. Auch wo andere etwaige Exemplare verwahrt sein könnten, weiß man nicht. Über den Umfang und den Inhalt des Protokolls ist in der Öffentlichkeit ebenfalls nichts bekannt geworden und man ist da auf reine Vermutungen angewiesen. Dazu kommt, daß für dieses Protokoll keine Schablone vorhanden war, die ja sonst für markante Ereignisse im Kaiserhause in Geltung stand, weil dies der erste Selbstmord eines Mitgliedes der Kaiserfamilie war und der Fall eine ganz singuläre Bahandlung erforderte. Man kann aber annehmen, daß auch in diesem Falle der Usus beibehalten wurde, daß der Minister des kaiserlichen Hauses gemeinsam mit einem höheren Hofbeamten, möglicherweise der Parität wegen mit einem Ungarn, mit der Abfassung des Protokolls betraut worden ist. Der Inhalt des Protokolls kann sich entweder auf die Festhaltung der durch die Untersuchung erwiesenen knappen Tatsachen beschränkt haben oder er kann auch auf die Details der Zeugenaussagen usw. ausgedehnt worden sein.

Übrigens muß bemerkt werden, daß auch andere mit der Tragödie von Mayerling in Zusammenhang stehende Dokumente in dem Hofarchiv, wo man nach ihrem Verbleib forschte, fehlten. Hierher gehört vor allem das Telegramm Kaiser Franz Josefs an den Papst, worin der schwer betroffene Monarch beim Papst um den Dispens des für Selbstmörder bestehenden Verbotes der kirchlichen Zeremonien ansuchte und dies in ausführlicher Weise – man sagt, daß das in französischer Sprache abgefasste Telegramm tausend Worte gehabt haben soll – begründete. Ein drittes Dokument ist schließlich das von vier ärztlichen Kapazitäten aus Wien verfaßte Protokoll über den Leichenbefund, das in dem Archiv ebenfalls nicht vorhanden ist. Es heißt übrigens, daß einer der vier Professoren sich geweigert haben soll, seine Unterschrift unter dieses Protokoll zu setzen, da seinem Verlangen nach Abnahme des Verbandes vom Kopfe des toten Kronprinzen zur genauen Besichtigung der Wunden nicht entsprochen worden sei.

Das Schloß Ellischau enthielt außer dem erwähnten, durch den Brand vernichteten Protokoll noch eine ganze Reihe vonkostbaren historischen Schätzen, und es wäre ein unersätzlicher Verlust, wenn all diese Seltenheiten durch die Katastrophe untergegangen wären.

(Neue Freie Presse vom 10.3.1926, Seite 8)